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Collage Köln-Ding allgemein

 

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    In Köln ist in den letzten 2.000 Jahren viel passiert. Hier findet ihr ein paar der vielen, vielen Geschichten aus der Kölner Geschichte.  
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    Auch die im 2. Weltkrieg so stark zerstörte Stadt Köln hat wunderschöne Bauwerke, Orte und Plätze. Oft sind diese allerdings gut versteckt.
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    In meiner Reihe „Ein paar Fragen an …“ befrage ich Menschen aus Köln, die etwas zu erzählen haben.
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    Der Krieg hat tiefe Wunden in der Domstadt hinterlassen. Zur „Stunde Null“ waren 80% der Gebäude in der Innenstadt zerstört.
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    Die alte Stadt am Rhein hat in den letzten zwei Jahrtausenden viele Persönlichkeiten hervorgebracht.
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Das neue Kölnische Stadtmuseum: Ganz Köln in einem Museum!

Das Kölnische Stadtmuseum, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0
Das Kölnische Stadtmuseum, Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Seit dem 23. März 2024 haben wir Kölner endlich wieder unser Stadtmuseum. Nachdem das alte Quartier im Zeughaus bereits 2017 wegen eines massiven Wasserschadens aufgegeben werden musste, war das Stadtmuseum ein Museum ohne „Heimat“. Bis jetzt.

Zwar ist der neue Standort im ehemaligen Kaufhaus Sauer in der Minoritenstraße nur als Interimsstandort vorgesehen – wer aber Köln kennt, dem ist auch klar: Solche Übergangslösungen haben in Kölle immer eine sehr, sehr lange Lebenszeit.

Von der Hahnentorburg über das Zeughaus in das ehemalige Kaufhaus

Die Ausstellung zur kölschen Stadtgeschichte hat bereits eine lange Reise hinter sich: Wie bei so vielen Museen in Köln bildete die umfangreiche Sammlung Ferdinand Franz Wallrafs den Grundstock. Ab 1888 wurde die Stadtgeschichte in der die Hahnentorburg ausgestellt und ab 1902 zusätzlich in der Eigelsteintorburg. Da die Aufteilung auf zwei Standorte alles andere als optimal war, erwog man bereits 1912 das Zeughaus als Ausstellungsort zu nutzen. Allerdings machte der Erste Weltkrieg diese Pläne zunichte.

Auch der Plan, die alte Kürassierkaserne der Preußen in Deutz als „Rheinisches Museum“ zu nutzen, musste wegen der Weltwirtschaftskrise verschoben werden. Die Nationalsozialisten erkannten das propagandistische Potenzial eines solches Museums und eröffneten am 21. Mai 1936 das „Haus der Rheinischen Heimat“ in Deutz.

Das Zeughaus, bis 2017 Heimat des Kölnischen Stadtmuseums. Bild: Raimond Spekking
Das Zeughaus, bis 2017 Heimat des Kölnischen Stadtmuseums. Bild: Raimond Spekking

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam erneut der Gedanke auf, dem Stadtmuseum im Zeughaus eine Heimat zu geben. Doch der Wiederaufbau des im Krieg stark beschädigten Gebäudes verzögerte sich. Erst 1958 wurde die Dauerausstellung eröffnet, die dort bis zu dem Wasserschaden im Jahr 2017 gezeigt wurde.

Der schlechte Zustand des Zeughauses machte eine Fortführung der Ausstellung unmöglich. Daher gab es 2018 einen Ratsbeschluss, das ehemalige Modehaus Franz Sauer als Interimsquartier zu nutzen. Doch es sollte noch bis 2024 dauern, bis die Ausstellung dort eröffnet werden konnte.

Eine perfekte Darstellung – mit nur 0,1% aller möglichen Exponante

Der Umzug in das ehemalige Kaufhaus stellte die Kuratoren vor eine eigentlich unlösbare Aufgabe: Nur 750 Quadratmeter stehen dort für die Dauerausstellung zur Verfügung. Allerdings gibt es etwa 500.000 Ausstellungsstücke, gezeigt werden können davon nur etwa 650 Exponate, weniger als 0,1%.

Stefan Lewejohann (links) und Sascha Pries (rechts), die beiden Kuratoren der Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum, Bilder: Kölnisches Stadtmuseum
Stefan Lewejohann (links) und Sascha Pries (rechts), die beiden Kuratoren der Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum, Bilder: Kölnisches Stadtmuseum

Diese Aufgaben haben die Kuratoren exzellent gelöst, indem man sich von einer lexikonartigen Darstellung der Stadtgeschichte gelöst hat. Stattdessen wurde, so Stefan Lewejohann, einer der Kuratoren, ein „fragender Ansatz“ gewählt:

„Wir erzählen die Kölner Stadtgeschichte jetzt durch einen fragenden Ansatz. Das heißt, dass wir emotionale Fragen stellen und dadurch episodenhaft die Kölner Stadtgeschichte erklären. Zu diesen Fragen zählt beispielsweise „Was lieben wir?“, „Was macht uns Angst?“, „Was verbindet uns?“ oder „Worauf haben wir Lust?“.“

Raum der Stadtgeschichte – mit innovativer Technologie

Um aber auch einen Überblick über die Geschichte der Stadt zu bieten, haben die Kuratoren an den Beginn der Ausstellungsrunde den „Raum der Stadtgeschichte“ platziert. Hier werden kurz und kompakt die wichtigsten Entwicklungen der Stadt, von der römischen Kolonie über die Franken zur mittelalterlichen Handelsmetropole, zur kurzen, aber nachhaltigen Besetzung durch die Franzosen und die anschließende Befestigung durch die Preußen, die Gleichschaltung im NS-Unrechtsstaat ab 1933, die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs bis hin zur heutigen Medienstadt in aller Kürze gezeigt.

Das Kölner Stadtmodell zeigt die Stadt im Jahr 1571. Und durch Augmented-Reality bietet dieses Modell eine echte Zeitreise, Bild: RBA, S. Walz, rba_d040440_03
Das Kölner Stadtmodell zeigt die Stadt im Jahr 1571. Und durch Augmented-Reality bietet dieses Modell eine echte Zeitreise, Bild: RBA, S. Walz, rba_d040440_03

Kern dieses Ausstellungsteils ist das riesige Stadtmodell. Dieses Modell zeigt Köln im Jahr 1571 und wurde bereits im „alten“ Stadtmuseum viel bewundert.

Doch jetzt gibt es eine aufregende Neuerung: Mittels Augmented-Reality können Besucher digital in verschiedene Epochen der Stadtgeschichte eintauchen. So schweben auf einmal über der alten Ansicht der Stadt 120 Sehenswürdigkeiten, die in 13 verschiedene Epochen der Stadtgeschichte erkundet werden können. Und zwischendurch regnet es sogar Kamelle. Zumindest virtuell.

Frageräume als Orte der (Selbst-)Reflexion

Trotz aller virtueller Ausflüge blieb für die Ausstellungsmacher das Problem, auf vergleichsweise kleiner Fläche die Stadtgeschichte lebendig zu machen. Daher hat man sich für einen durchaus unkonventionellen Weg entschieden: Weg von der klassischen Chronologie oder Jahrhunderträumen hin zu acht aktuellen Fragen, die die Besucher beschäftigen und emotional berühren. Fragen wie: „Was lieben wir?“, „Worauf hoffen wir?“, „Was macht uns Angst?“, „Was verbindet uns?“, „Was macht uns wütend?“, „Worauf haben wir Lust?“, „Woran glauben wir?“ und „Was bewegt uns?“ bilden das Grundgerüst der neuen Dauerausstellung.

Auch eine Art von Religion: Kutte eines FC-Fans, Bild: Privatbesitz RBA, T. Kreusler, rba_d060046_02
Auch eine Art von Religion: Kutte eines FC-Fans, Bild: Privatbesitz RBA, T. Kreusler, rba_d060046_02

Dieser völlig neue Ansatz bietet Raum für eine äußerst spannende Zusammenstellung: So werden in dem Raum „Woran glauben wir?“ erwartungsgemäß das christliche, das jüdische und das muslimische Köln vorgestellt. Diesen Religionen werden dann aber andere „Götter“ als Ersatzreligionen gegenübergestellt, zum Beispiel der Fußball. Nicht umsonst bezeichnen viele Fans die Stars ihrer Lieblingsvereine als „Götter“.

Gleich daneben: „Götze Geld“. Gezeigt werden die älteste Münze des Stadtmuseums, der „Triens/Drittel-Goldschilling“ (ca. Ende 6. Jahrhunderts) über die „Kölner Mark“ (aus dem 15. Jahrhundert) bis hin zu Zwei-Euro-Münze mit dem Kölner Dom (aus dem Jahr 2011).

Der von einem Schwert durchbohrte Kopf des (vermeintlichen) Kämpfers gegen den kölschen Klüngel, Nikolaus Gülich (Bronzeplastik), Bild: Uli Kievernagel
Der von einem Schwert durchbohrte Kopf des (vermeintlichen) Kämpfers gegen den kölschen Klüngel, Nikolaus Gülich (Bronzeplastik), Bild: Uli Kievernagel

Klüngel, „Lust auf Lust“ und „Heimweh nach Köln“

Der Raum „Was macht uns wütend?“ zeigt, was die wütenden Kämpfe früherer Generationen für Gerechtigkeit gebracht haben: freie und demokratische Wahlen, eine unabhängige Justiz, ein gerechtes Steuersystem, die Abschaffung der Todesstrafe und die Trennung von Kirche und Staat. Wichtigstes Exponat ist hier der von einem Schwert durchbohrte Kopf des (vermeintlichen) Kämpfers gegen den kölschen Klüngel, Nikolaus Gülich.

Saftiger wird es im Raum „Worauf haben wir Lust?“. Hier geht es um Sex, Genuss und Freizügigkeit. So wird neben einem speziellen „Stadtplan für Männer“ aus dem Jahr 1972 auch die legendäre und Afri-Cola Werbung mit eher lasziven Nonnen aus dem Jahr 1967 gezeigt.

Afri-Cola-Anzeige (reprint), 1967/68 ©RBA, rba_d048067
Afri-Cola-Anzeige (reprint), 1967/68 ©RBA, rba_d048067

Im Raum „Was lieben wir?“ gehen die Ausstellungsmacher der besonderen Liebe der Kölner zu ihrer Stadt nach. Diese, oft auch übertriebene, „Heimattümelei“ zeigt sich in den zahllosen Liedern über Dom, Rhing und Sunnesching.

Die Ausstellung nähert sich diesem Thema äußerst reflektiert. Passend zum Lied „Heimweh nach Köln“ von Willi Ostermann wird das mit dem Dom verzierte Essgeschirr des Kölners Johann Borsari gezeigt, der lange in sowjetischer Kriegsgefangenschaft war.

Modernstes Museum Kölns auf engem Raum

Wahrscheinlich war es gerade die räumliche Enge, welche die Museumsmacher dazu gebracht hat, völlig neue Wege zu gehen. Wenn nur 650 von ca. 500.000 Exponaten gezeigt werden können, sind innovative Wege unumgänglich. Entstanden ist Kölns modernstes Museum. So weist der Direktor des Hauses, Dr. Matthias Hamann, auch ausdrücklich darauf hin:

„Der neue Standort ist nicht nur ein Interim. Es ist eine entscheidende Etappe auf dem Weg zum Stadtmuseum der Zukunft.“

Und hier liegt Hamann richtig: Obwohl das Haus als Interim bezeichnet wird, werden wir uns noch viele, viele Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte an der spannenden, modernen Ausstellung erfreuen können.

Wettet jemand dagegen?


Daten und Fakten zum Kölnischen Stadtmuseum

Adresse
Minoritenstr. 13
50667 Köln

Öffnungszeiten
Dienstags: 10:00 bis 20:00 Uhr
Mittwochs bis sonntags: 10:00 bis 17:00 Uhr

Eintritt
5 Euro, ermäßigt 3 Euro

Kontakt
Telefon: +49(0)221 221-22398
ksm@stadt-koeln.de
www.koelnisches-stadtmuseum.de


Der Corona-Briefkasten von Ana und Lea aus Raderberg, Bild: Uli Kievernagel
Der Corona-Briefkasten von Ana und Lea aus Raderberg, Bild: Uli Kievernagel

Das neueste Exponat der Stadtgeschichte kommt aus meiner Nachbarschaft in Raderberg

Während der Corona-Beschränkungen konnten die Kinder meiner Nachbarschaft nicht miteinander spielen. Stattdessen haben sie sich kleine Briefkästen gebastelt und konnten so zumindest Nachrichten austauschen.

Ich hatte im Jahr 2020 Stefan Lewejohann vom Stadtmuseum auf diese Briefkästen aufmerksam gemacht. Er hat dankend die Schenkung der Kinder angenommen und einige dieser Briefkästen als Dokumente der Zeitgeschichte in den Bestand des Stadtmuseums übernommen. Und einer dieser Briefkästen ist tatsächlich das neueste Exponat im „Raum der Stadtgeschichte“ und hängt jetzt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Verbundbrief oder zum Stadtsiegel. Was für eine Ehre!


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Die NS-Gedenkstätte Gremberger Wäldchen

Der etwa zwei Meter große Findling mit kyrillscher Inschrift auf der NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen. Bis heute ins unbekannt, wer den Stein aufgestellt hat.Bild: Uli Kievernagel
Der etwa zwei Meter große Findling mit kyrillscher Inschrift auf der NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen. Bis heute ist unbekannt, wer den Stein aufgestellt hat. Bild: Uli Kievernagel

Still ist es hier schon seit langer Zeit nicht mehr. Eingezwängt zwischen der A4, dem Östlichen Zubringer und der S-Bahn liegt das Gremberger Wäldchen. Zwar wurde das Wäldchen um etwa 1900 speziell als Naherholungsgebiet konzipiert, aber durch das stetige Rauschen des Verkehrslärms kann das Wäldchen diese Funktion heute nicht mehr erfüllen. Und wird es in Zukunft noch weniger, wenn der geplante Ausbau der A4 erfolgen sollte.

Mittendrin liegt die „Gedenkstätte Gremberger Wäldchen“. Diese Gedenkstätte erinnert an osteuropäische Zwangsarbeit*innen, die hier zwischen 1941 und 1945 von den nationalsozialistischen Machthabern ermordet wurden.

Eher unscheinbare Gedenkstätte

Eingefasst von einem Jägerzaun erscheint das Gelände zunächst wie ein kleiner Friedhof mitten im Wald. Am Eingang erklärt eine Tafel, aufgestellt von der Stadt Köln, dass es sich um eine Gedenkstätte handelt.

Die NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen, Bild: Uli Kievernagel
Die NS-Gedenkstätte im Gremberger Wäldchen, Bild: Uli Kievernagel

Auf dem Gelände befindet sich ein knapp zwei Meter hoher Findling mit kyrillischer Inschrift. Wer diesen Findling aufgestellt hat, ist bis heute nicht bekannt.1Kölner Stadt-Anzeiger: Kölns geheimnisvollste Orte vom 4. Februar 2019, https://www.ksta.de/koeln/das-sind-koelns-geheimnisvollste-orte-sote-239029, abgerufen am 15. März 2024 Kurz nach dem Krieg stand der Stein auf einmal dort. Und ohne russische Sprachkenntnisse war auch die Inschrift nicht zu lesen.

Erst 1985 wurde auf Initiative der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes eine Steintafel mit der Übersetzung der kyrillischen Inschrift des Findlings am Eingang aufgestellt:

Die Inschrift der Platte ist eine Übersetzung des kyrillschen Texts auf dem Findling, Bild: Uli Kievernagel
Die Inschrift der Platte ist eine Übersetzung des kyrillschen Texts auf dem Findling, Bild: Uli Kievernagel

Der Text auf Steintafel lautet:

„Hier sind 74 sowjetische Bürger begraben, die während ihrer Gefangenschaft unter dem Faschismus in den Jahren 1941 bis 1945 ermordet wurden.“

An dieser Steintafel am Eingang ist auf einem Sockel ein Relief angebracht. Dieses Relief zeigt das Keramikrelief „Trauernde Eltern“ des Künstlers Klaus Balke. Ursprünglich war dieses Relief aus Bronze gefertigt. Allerdings wurde diese Bronzeplastik im Jahr 2020 gestohlen und im Januar 2022 durch das motivgleiche Relief aus Keramik ersetzt.

Auf dem Sockel ist ein Zitat aus der „Kriegsfibel“ von Bertolt Brecht angebracht:

„Und alles Mitleid, Frau, nenn ich gelogen,
das sich nicht wandelt in den roten Zorn,
der nicht mehr ruht, bis endlich ausgezogen,
dem Fleisch der Menschheit dieser alte Dorn.“

Das Relief „Trauernde Eltern“ von Klaus Balke, Bild: Uli Kievernagel
Das Relief „Trauernde Eltern“ von Klaus Balke, Bild: Uli Kievernagel

Krankensammellager als Sterbeort

Die Gedenkstätte zeigt nicht annähernd, welches unvorstellbare Grauen sich hier ereignet hat. In der Nähe der Gedenkstätte befand sich von Anfang der 1940er Jahre bis 1945 ein Krankensammellager. Hier wurden kranke Menschen und Schwangere, die als Zwangsarbeiter in Köln arbeiten mussten, dem Sterben überlassen. Insbesondere an Tuberkulose erkrankte Menschen starben hier einen unwürdigen Tod.

Matthias Lammers hat sich im Rahmen seiner Masterarbeit „Gefangen im Wäldchen“ intensiv mit dem Gremberger Wäldchen beschäftigt. Er spricht von einem „Sterbelager“. Es ist davon auszugehen, dass mindestens 60 Prozent der in diesem Krankensammellager eingelieferten Menschen starben.2Krankensammellager für Zwangsarbeiter im Gremberger Wäldchen: Vergessen und durch Ausbau der A4 bedroht, report-K, https://www.report-k.de/krankensammellager-fuer-zwangsarbeiter-im-gremberger-waeldchen-vergessen-verdraengt-und-durch-den-ausbau-der-a4-bedroht/ abgerufen am 28. März 2024

Diese Menschen wurden auf dem „Slawenfeld“ (Westfriedhof) verscharrt, da gemäß der NS-Ideologie die als „Untermenschen“ bezeichneten Slawen nicht zusammen mit den Toten der „Herrenrasse“ begraben werden durften.

Der Tag des Grauens am 8. April 1945

Die Amerikaner erreichen am 5. März 1945 Köln und besetzen die linksrheinischen Stadtteile. Erst Wochen später erfolgt die Besetzung des rechtsrheinischen Kölns. In dieser Zeit versuchen die Nationalsozialisten alle Spuren ihrer Gräueltaten zu verwischen und räumen auch das Lager im Gremberger Wäldchen am 8. April 1945 wegen angeblicher „Seuchengefahr“.

Ein Mob aus NS-Funktionären, Männern aus dem Volkssturm und der Hitlerjugend feuerten wahllos in die Baracken. Akten der britischen Armee belegen, dass ein 17-Jähriger Hitlerjunge direkt unter Krankenbetten Feuer legte. Ein Gleichaltriger tötete Häftlinge des Lagers durch Genickschuss.

Dem Massaker fielen unzählige Menschen zum Opfer. Es ist davon auszugehen, dass diese an Ort und Stelle verscharrt wurden. Exakte Zahlen zu den Opfern liegen nicht vor. Erst am 12. April 1945 befreiten die Amerikaner die Überlebenden.

Obwohl britische Behörden die deutschen Strafverfolgungsbehörden später über die Gräueltaten informierten, wurden diese Täter nie verfolgt, es wurde noch nicht einmal ein Aktenzeichen angelegt.3Kölner Stadt-Anzeiger: Kölns geheimnisvollste Orte vom 4. Februar 2019, https://www.ksta.de/koeln/das-sind-koelns-geheimnisvollste-orte-sote-239029, abgerufen am 15. März 2024 Gebhard Aders, ehemaliger Leiter des Porzer Stadtarchivs, hatte nach intensiven Recherchen die Namen von zwei Tätern ermitteln können. Allerdings waren beide kurz zuvor gestorben. So sind diese Taten bis heute ungesühnt.

Exakte Lage bis heute unklar

Unstrittig ist, dass das Barackenlager größer war als die heutige Gedenkstätte. Allerdings ist bis heute unklar, wo sich exakt das Lager befunden hat und wo genau die Opfer verscharrt wurden.

Eingezwängt zwischen Autobahn und S-Bahnstrecke: Das Gremberger Wäldchen. Der geplante Ausbau der A4 gefährdet die Gedenkstätte, Karte: OpenStreetMap
Eingezwängt zwischen Autobahn und S-Bahnstrecke: Das Gremberger Wäldchen. Der geplante Ausbau der A4 gefährdet die Gedenkstätte, Karte: OpenStreetMap

Die Internetzeitung report-K hat bei der Stadt Köln nachgefragt und von Simone Winkelhoog, stellvertretende Pressesprecherin der Stadt Köln mitgeteilt bekommen: „Die Existenz des Lagers und dessen unheilvolle Geschichte sind im Ortsarchiv des Römisch-Germanischen Museums bekannt. Da es unter Wald liegt, ist es vor Überbauung/Überplanung geschützt. Da die genaue Abgrenzung bislang nicht möglich ist, ist die Fläche nicht als Bodendenkmal eingetragen. Hierfür wären entsprechende Quellenrecherchen und Bestandserkundungen erforderlich.“4Krankensammellager für Zwangsarbeiter im Gremberger Wäldchen: Vergessen und durch Ausbau der A4 bedroht, report-K, https://www.report-k.de/krankensammellager-fuer-zwangsarbeiter-im-gremberger-waeldchen-vergessen-verdraengt-und-durch-den-ausbau-der-a4-bedroht/ abgerufen am 28. März 2024

Ausbau der A4 gefährtdet Orzt des Gedenkens

Zurzeit laufen die Planungen, die A4 zu verbeitern, auf Hochtouren. Ab etwa 2030 soll es auch im Gremberger Wäldchen mit den Bauarbeiten losgehen. Mangels exakter Ortung des Lagers und auch der möglichen Grabstätten besteht die Gefahr, dass diese schlichtweg weggebaggert werden. Daher lautet die eindeutige Forderung an die Verantwortlichen der Stadt Köln und der für die Arbeiten zuständigen Autobahn GmbH:

Man darf nicht vergessen!
Die Geschichte dieses Kriegsverbrechens muss aufgearbeitet werden bevor die Bagger anrollen.


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Kölner Stadtteile: Libur – hier wohnen die glücklichsten Kölner!

Kein Kölner Stadtteil liegt näher an Italien: Libur ist das südlichste Veedel der Stadt.
Kein Kölner Stadtteil liegt näher an Italien: Libur ist das südlichste Veedel der Stadt.

Der kleine Stadtteil Libur ist Kölns Veedel der Rekorde:

  • Libur ist der, gemessen an der Zahl der Einwohner, kleinste Stadtteil Kölns. Stand 31. Dezember 2022 gab es genau 1.145 Liburer.
  • Libur hat auch niedrigste Bevölkerungsdichte innerhalb Kölns: Hier leben gerade einmal 180 Einwohner je Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Köln leben, im Durchschnitt über alle Veedel, die Menschen etwa 15x so gedrängt. Es sind exakt 2.679 Einwohner je Quadratkilometer. Noch krasser wird der Unterschied, wenn man sich enge Südstadt ansieht: Hier leben auf einem Quadratkilometer mehr als 13.000 Menschen.
  • Kein Kölner Stadtteil liegt näher an Italien: Libur ist das südlichste Veedel der Stadt.

Vielleicht sind das auch die Gründe, warum in Libur nachweislich die glücklichsten Kölner leben.

Haus am Grabhügel

Die Gegend um Libur wurde bereits vor sehr langer Zeit besiedelt. Eine dort gefundene Axt lässt vermuten, dass es dort bereits in der Jungsteinzeit (circa 5.500 – 4.900 v. Chr.) eine erste Siedlung der sogenannten „Bandkeramiker“1Die Bandkeramik bzw. bandkeramische Kultur ist die erste auf Ackerbau und Viehzucht basierende Kultur der Jungsteinzeit mit Verbreitungsgebieten in ganz Mitteleuropa.  Der Name „Bandkeramiker“ bezieht sich auf die bandartigen Verzierungen auf ihren Tongefäßen. gab.

Ausschnitt aus der "Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789“, hier ist Libur noch als „Liebour“ verzeichnet. Bild: Wilhelm Fabricius
Ausschnitt aus der „Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789“, hier ist Libur noch als „Liebour“ verzeichnet. Bild: Wilhelm Fabricius

Der erste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 1183. In einer Sammlung von Wunderberichten wird die Ortschaft „villula lebure“ erwähnt. In späteren Aufzeichnungen lautet der Name „Lebur“. Weitere Schreibweisen lauten Liebour und Liebuire. Die erste Silbe „Le“ im Althochdeutschen könnte „Obdach“ bedeuten, „bûr“ bezeichnet ein kleines Haus. Eine andere Interpretation geht davon aus, dass sich die erste Silbe auf „Leo“, einen Grabhügel bezieht. Zusammen mit „bûr“ könnte das Haus am Grabhügel“ bedeuten.

Schon seit dem Mittelalter gehörte Libur zum Herzogtum Berg. Während der französischen Besatzung des Rheinlands (von 1794 bis 1814/15) war Libur Teil des Grand-Duché de Berg et de Clèves2Die französische Bezeichnung für das Großherzogtum Berg., anschließend wurde es Teil der Preußischen Rheinprovinz. 1929 erfolgte die Eingemeindung nach Porz. Durch das von den Porzern so ungeliebte „Köln-Gesetz“ wurde auch Libur 1975 Teil der Stadt Köln.

Eigenständiger, dörflicher Charakter

Libur hat bis heute sein dörfliches Erscheinungsbild erhalten. Das liegt auch daran, dass Libur eher isoliert liegt und daher nicht mit den Nachbargemeinden, z.B. Lind oder Wahn, zusammengewachsen ist. So beschreibt auch die Stadt Köln Libur als „Weiler mit achteckigem Ortskern, auf den zahlreiche Straßen von den umliegenden Dörfern zulaufen. … Das immer noch etwas abgeschiedene Libur inmitten agrarisch genutzter Flächen hat noch einen Gutteil seines ländlichen Charakters bewahrt.“

Typische Backsteinbauten in der Pastor-Huthmacher-Straße in Köln-Libur, Bild: Franz-Josef Knöchel, Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0
Typische Backsteinbauten in der Pastor-Huthmacher-Straße in Köln-Libur, Bild: Franz-Josef Knöchel, Landschaftsverband Rheinland / CC BY 4.0

Diese Abgeschiedenheit hat Libur zwar den eigenständigen, dörflichen Charakter gesichert, gleichzeitig ist die aber die Verkehrsanbindung des Ortes eher schlecht – es gibt gerade eine Buslinie. Trotzdem gibt es Verkehrslärm in Libur: Je nach Wind und Abflugrouten sind die startenden Flieger des nah gelegenen Flughafens Köln/Bonn leider gut zu hören.

Tausende Sprenggranten in der Liburer „Schullekul“

Im März 1957 stand das ruhige Libur auf einmal im Zentrum des Interesses. Der Kölner-Stadt-Anzeiger hatte berichtet, dass „… Schulkinder erzählt hätten, sie würden aus dem Teich Handgranaten, Flak- und Panzergeschosse herausholen, sie zerlegen, weiße Säckchen mit Pulver hervorholen und diese in der Abenddämmerung anzünden.“

Mit „dem Teich“ war der Liburer Löschteich gemeint. Dieser lag neben der Volksschule und wurde daher nur „Schullekul“ genannt. Es war zwar in Libur ein offenes Geheimnis, dass Wehrmachtssoldaten, kurz bevor die Amerikaner einrückten, ihre Spuren verwischten und die Waffen kurzerhand in dem Löschteich versenkten. Aber es gab keinerlei Aufzeichnung, wie viele und welche Waffen dort entsorgt wurden.

Der ehemalige Feuerlöschteich Schullekul wurde Ende der 1950er in einen Bolzplatz umgewandelt. Bild: Jotpe, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Der ehemalige Feuerlöschteich Schullekul wurde Ende der 1950er in einen Bolzplatz umgewandelt. Bild: Jotpe, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Tatsächlich handelte es sich bei der Schullekul um ein stinkendes, modriges Gewässer, welches – unabhängig vom Fund der Kampfmittel – saniert werden sollte. Nur wollte weder die Porzer Stadtverwaltung noch die Bezirksregierung die Verantwortung und somit die Kosten dafür übernehmen. Erst mit dem Artikel im Stadt-Anzeiger und der somit öffentlich gewordenen Gefährdung der Dorfjugend kam Bewegung in die Angelegenheit und es wurde ein Dringlichkeitsbeschluss gefasst: Die Schullekul wurde ausgepumpt und die Kampfmittel-Räumer machten große Augen. Immerhin wurden

  • 522 Sprenggranten
  • 692 Infanterie-Patronen
  • 121 Stielhandgranaten
  • 14 Gewehre
  • 6 Maschinengewehre

sowie weitere diverse „Granaten und weitere Munition“ aus dem schlammigen Gewässer geborgen. Der Teich verschwand und an der Stelle ist heute ein Sportplatz zu finden.

Viel Land – wenig Menschen: Das dörfliche Libur. Bild: aachim3, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Viel Land – wenig Menschen: Das dörfliche Libur. Bild: aachim3, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Veedels-Check: Libur auf Platz 1

Heute ist Libur ganz vorne in Kölle: Im Veedels-Check des Kölner-Stadt-Anzeigers3aus dem Jahr 2018 machte Libur das Rennen und landete auf dem ersten Platz aller kölschen Veedel. Fast 80% der Bewohner gaben an, nicht aus Libur weg ziehen zu wollen. Dabei spielt auch der „kölsche Veedelscharakter“ des Dorfes eine Rolle: Auf die Frage, wie kölsch Libur ist, landete das kleine Libur auf Platz acht von allen 86 Kölner Stadtteilen.

Vergleich Bevölkerungsdichte, Graphik: Uli Kievernagel
Vergleich Bevölkerungsdichte, Graphik: Uli Kievernagel

Kleiner Wermutstropfen: Selbst die eingefleischten Libur-Fans bemängeln die fehlenden Einkaufsmöglichkeiten und die eher schlechte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

Aber das machen Initiativen wie der „Junggesellenverein Libur“, der Weihnachtsbasar der Katholischen Frauengemeinschaft und das Straßenfest „Der längste Desch vun Libur“ wieder wett. Und auch im Karneval pflegt das „Rekord-Dorf“ Libur eine ganz besonderen Tradition: Hier stehen die Jecken am Straßenrand und werfen Kamelle für die Pänz, die im Zoch mitgehen.

Also noch ein weiterer Rekord:
In Libur gibt es den „verkehrtesten“ Karnevalszoch von ganz Köln.


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Klettenberg wird in „Knollendorf“ umbenannt +++ Eilmeldung +++

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat am 1. April 2023 verkündet, dass der Stadtteil Klettenberg in Knollendorf umbenannnt wird. Bild: Jens Koch, Bearbeitung Uli Kievernagel

Eingeweihte wussten es schon länger – doch am 1. April 2024 wird es amtlich: Der Kölner Stadtteil „Klettenberg“ wird in „Knollendorf“ umbenannt.

Oberbürgermeister Henriette Reker dazu: „Wir folgen mit dieser Namensänderung einem starken Wunsch der Klettenberger Bürger. Schon lange wünschen sich die Bewohner dieses Veedels einen ausdrucksstarken Namen. Diesen haben wir mit Knollendorf gefunden.“

Ab jetzt immer pünktlich: In Knollendorf fahren Busse und Bahnen der KVB - Knollendorfer Verkehrs-Betriebe mit dem markanten Logo "Woosch un Öllig"
Ab jetzt immer pünktlich: In Knollendorf fahren Busse und Bahnen der KVB – Knollendorfer Verkehrs-Betriebe mit dem markanten Logo „Woosch un Öllig“

Unabhängiges Veedel entsteht

Mit dieser Namensänderung geht auch eine umfassende Verwaltungsreform einher: Das neue Viertel Knollendorf wird nicht länger Stadtteil des Stadtbezirks 3 (Lindenthal) sein, sondern es entsteht ein von der Stadt Köln komplett unabhängiges Veedel. So wird auch der beliebte Klettenbergpark in „Knollendorfpark“ umbenannt. Busse und Bahnen in Knollendorf fahren unter dem neuen Logo der KVB – Knollendorfer Verkehrs Betriebe. 

Stolz zeigt der Speimanes die Hänneschen-Blootwosch, Bild: Hänneschen-Theater
Der neue Veedels-Bürgermeister Hermann Speichel (rechts) ist immer da, wenn es um die Wurst geht. Links: Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Bild: Hänneschen-Theater

„Wir geben damit der Bevölkerung Knollendorfs größtmöglich Autarkie“, so Henriette Reker bei der heutigen Pressekonferenz. Die Oberbürgermeisterin weiter: „Veedels-Bürgermeister von Knollendorf wird Hermann Speichel, der bereits bewiesen hat, dass er – gerade wenn es um die Wurst geht – immer einen kühlen Kopf bewahrt.“

Der so geehrte Hermann Speichel, von den Knollendorfern nur zärtlich „Speimanes“ genannt, stand für ein persönliches Interview (gottseidank!) nicht zur Verfügung.

Tünnes, mit bürgerlichen Namen Anton Schmitz, ist gutmütig, hilfsbereit und ein einfach gestrickter Charakter, Bild: Hänneschen-Theater
Anton Schmitz freut sich auf günstiges Kölsch & Schabau, Bild: Hänneschen-Theater

Steuern auf Alkohol werden abgeschafft

Im Knollendorfer Gasthaus, ehemals bekannt als Petersberger Hof, reibt sich Wirt Peter Mehlwurm voller Vorfreude die Hände. Denn Bürgermeister Speichel hat ihm versprochen, als erste Amtshandlung die Steuern auf Alkohol abzuschaffen. „Dann kommen auch die Gäste aus Zollstock und Sülz. Das wird ein gutes Geschäft.“

Auch der im Veedel nur als „Tünnes“ bekannte Anton Schmitz freut sich, kann doch gerade der Freund von Kölsch und Schabau eine Menge Geld sparen.

Aus "Klettenberg" wird Knollendorf. Bild: Hänneschen Theater
Aus „Klettenberg“ wird Knollendorf. Bild: Hänneschen Theater, Bearbeitung: Uli Kievernagel

Kritische Stimmen

Die Ordnungsmacht im neuen Knollendorf wird vom schnauzbärtigen Dorfpolizisten Schnäuzerkowski repräsentiert. Sichtlich gestresst murmelt der Vertreter der Staatsgewalt: „Der janze Platz ist verhaftet.“

Wahrscheinlich übt der gesetztestreue Ordnungshüter bereits seinen Text, wenn Scharen trinkfreudiger Kölner aus den Nachbarvierteln im Knollendorfer Gasthaus einfallen. Der Vertreter der Schmier hat sichtlich Angst, dass es in seinem Viertel zu ähnlichen Bildern wie an Karneval im Kwartier Latäng kommen könnte.

Der Schäl, ein listiges Schlitzohr, Bild: Hänneschen-Thaater
Ist dieser Herr der anonyme Beschwerdeführer gegen Veedels-Bürgermeister Speichel? Bild: Hänneschen-Thaater

Es gibt aber auch andere kritische Stimmen. Unsere Redaktion haben anonyme Hinweise per e-mail erreicht. Ein gewisser Herr S. beschwert sich: „Ich wäre der bessere Bürgermeister. Hermann „Speimanes“ Speichel ist nicht geeignet, unser Veedel auch wirtschaftlich nach vorne zu bringen. Dafür bin ich dank meiner Kontakte der viel bessere Mann.“ Erste Recherchen haben ergeben, dass die Nachricht mit der Adresse „schael@knollendorf.de“ abgeschickt wurde. Das Investigativ-Team des Köln-Lotsen ist zuversichtlich, die Identität des S. schnell zu ermitteln.

Der junge und immer fröhliche Knollendorfer Johannes Knoll ist aber wie immer aufgeschlossen:

„Et kütt wie et kütt. Un et hätt noch immer joot jejange.
Ävver
mer losse doch he nit et Hännesche mit uns mache!“


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Der Köbes im Brauhaus – Mythos & Wahrheit

Ein Köbes mit einem Kranz Kölsch bei der Arbeit
Ein Köbes mit einem Kranz Kölsch bei der Arbeit

Er ist der unumstrittene Herr im Brauhaus: Der Köbes! Als Gast ist man geduldet. Mehr nicht. Der Köbes allein entscheidet, ob und wann man sein Kölsch bekommt, denn in einem kölschem Brauhaus bestellt man kein Kölsch: Der Köbes teilt es einem zu.

Dabei gehört der Köbes, genau wie die blankgescheuerten Holztische, die ausgesprochen hohe Lautstärke der Gäste und die kölsche Fooderkaat, zum Inventar eines Brauhauses.

Der Köbes ist die Person, die außerhalb Kölns als „Kellner“ oder „Ober“ bezeichnet wird. Eine Berufsbezeichnung, die der kölsche Köbes nicht gerne hört und Rufe wie „Hallo, Herr Ober“ schlichtweg ignoriert.

Weste, blauer Pullover, Lederschürze – der Köbes ist gut zu erkennen

Der Köbes ist gut erkennen: Die typische Kleidung ist eine Weste, blauer (Woll-)Pullover, Lederschürze und der Geldbeutel aus Leder. In der Hand trägt er den Kölschkranz aus Metall und im Gesicht eine leicht spöttische Miene, die dem Gast direkt signalisiert: Pass op Jung, ich bin hier der Chef!

Ein Köbes im Brauhaus Früh genießt sein Feierabendbier, Bild: Willy Horsch, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Ein Köbes im Brauhaus Früh genießt sein Feierabendbier, Bild: Willy Horsch, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Der ideale Köbes hat übrigens unendlich viele Rolle zu erfüllen: Er ist Geheimnisträger („Verzäll bloss nit minger Frau, dat ich he wor!“), kennt jeden Klaaf uss däm Veedel („Häste jehüürt: Dat Marie kritt alt widder e Kind“) und gibt gerne ungefragt medizinische und sonstige Ratschläge („Dat siebzehnte Kölsch ist jut für die Nieren“).

Gelegentlich überziehen einzelne Köbesse schon mal etwas mit ihrer deftigen und manchmal unverschämt wirkenden Ausdrucksweise. Dann wird es auch dem Urkölschen zu viel. Aber das ist die Ausnahme. Eher spielen die kölschen Köbesse ihre Rolle als Muuzepuckel, so wie mir Toni aus Buchheim berichtete:

Meine Frau und ich sitzen im Peters Brauhaus. Uns schräg gegenüber eine achtköpfige Gruppe von Touristen. Sie sprechen Spanisch.
Irgendwann kommt der Köbes. Er gibt sein Bestes: schaut mürrisch, rotzt seine Worte unverständlich in den Raum und stellt ungefragt Kölsch vor die Gäste. Die gucken fragend, bemühen ihr bestes Englisch und bekommen zum Dank die Speisenkarte auf den Tisch geknallt.  Mehrfach geben sie später das Zeichen, bestellen zu wollen. Als sich der Köbes endlich bequemt, verströmt seine ganze Körperhaltung überschäumenden Abscheu. Meine Frau und ich gucken uns an. Sie sagt: „Das geht ja gar nicht. Was sollen die Touristen denn denken?“  Ich will gerade aufstehen und dem Köbes etwas zu seinem unmöglichen Verhalten sagen. Da wechselt dieser übergangslos ins Spanische, erklärt – so vermute ich – was es mit dem Köbes auf sich hat und erntet erleichtertes Lachen der Gäste und ihren donnernden Applaus. Danach ist unsere Stimmung im beschwingten  ‚Su jett jitt et nur in Kölle-Modus‘. Das ist so einer der Momente, wo ich einfach nur dankbar bin, im bunten Kölle zu leben.

Herkunft des Begriffs „Köbes“ ist unklar

Die gängige Legende besagt, dass der Name des Köbes von Jakobspilgern stammt. Diese hätten während ihrer oft monatelangen Pilgerreise zwischendurch in den Brauhäusern gearbeitet, um etwas Geld für die Reise zu verdienen. Der Kölner nennt den Jakob „Köbes“, und da die Pilger auf dem Weg zum Heiligen Jakob waren, hatten sie schnell den Spitznamen „Köbes“ bekommen. Allerdings gibt es für diese, zugegeben nette, Legende keine Belege.

Tatsächlich waren die Brauersburschen, die „Brauers-Pooschte“, als Köbes tätig. Diese schufteten tagsüber als Lehrjungen in der Brauerei und verdienten sich abends noch ein paar Mark als Köbes dazu. Wie es von diesen Brauers-Pooschte zum Begriff „Köbes“ kam ist unklar. Vielleicht war einer der Jungs namens Jakob besonders schlagfertig, und so wurde sein Vorname zum gesamten Gattungsbegriff. Aber auch das ist reine Spekulation.

Durstige Gäste warten im "Früh im Veedel" auf den Köbes, Bild: Gordito1869, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons
Durstige Gäste warten im „Früh im Veedel“ auf den Köbes, Bild: Gordito1869, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Eins ist sicher: Der Köbes ist älter das Kölsch!

Klar ist aber, dass es den Köbes schon lange vor dem Kölsch gab. In einem Schreinsbuch1Schreinsbücher waren im mittelalterlichen Köln die Vorläufer der heutigen Grundbücher. aus dem 12. Jahrhundert wird ausdrücklich der Bierschenk Burkard erwähnt. Er betrieb eine Gastwirtschaft direkt neben der Kirche St. Maximin. In den historischen Unterlagen wird ausdrücklich „Burkardus dator cervisie“ erwähnt. Dies kann man mit „Burkard, der Bierschenker“ übersetzen. Somit ist Burkard der erste namentlich bekannte Köbes.  

Doch wer heute auf Spurensuche geht, wird weder Burkard noch die Kirche finden – auf diesem Gelände steht mittlerweile der Hauptbahnhof.

Heute arbeiten Menschen aus der ganzen Welt als Köbes

Auch wenn es immer wieder lautet „Nä – su ne echte Köbes jitt et hück nit mieh.“ ist das nicht richtig. Es gibt noch die schlagfertigen Typen, die zwar deftig, am Ende auch aber irgendwie charmant, Kölsch servieren. Wer das bezweifelt, sollte unbedingt mal sein Kölsch im Päffgen in der Salzgasse oder in der Schreckenskammer trinken.

Tatsächlich kommen aber heute auch viele der Servicekräfte in den Brauhäusern nicht aus Köln und verstehen nicht immer die typische Sprache der Kölner. Sie sind aber immer bemüht, in die großen Fußstapfen der alten, urkölschen Köbesse zu treten. Und auch hier gilt:

Su simmer all he hinjekumme,
mir sprechen hück all dieselve Sproch.
Mir han dodurch su vill jewonne.
Mir sin wie mer sin, mir Jecke am Rhing.2Bläck Fööss: Unser Stammbaum

Deswegen bleibt es auch bei dem ungeschriebenen Gebot, dem Köbes auch zwischendurch mal ein Kölsch auszugeben. In den meisten Brauhäusern ist es den Köbessen zwar ausdrücklich verboten, während der Arbeit zu trinken, aber wenn keiner in dem Moment hinschaut …

Und wie ist es mit den weiblichen Köbessen?

Ursprünglich waren die Köbesse ausschließlich Männer, weil in der Regel die Brauersburschen das Bier ausschenkten. Allerdings arbeiteten in vielen Gaststätten auch im 19.Jahrhundert schon Kellnerinnen. Ein Umstand, der einige Zeitgenossen doch sehr erregte. Ein gewisser Friedrich Pollads regte sich darüber so sehr auf, dass er 1891 das Bändchen „Das Unwesen der Kellnerinnenwirtschaften in Köln.“ veröffentlichte.

Pollad-Buch Kellnerinnen
 

Der Moralapostel Pollads verurteilte die weiblichen Bedienungen als „Animierdamen„, die ihre Gäste finanziell und moralisch in den Untergang führen würden. Dass – falls an dieser sinnlosen Behauptung etwas dran sein sollte – die Männer und auch der reichlich ausgeschenkte Alkohol eine Rolle spielen würde, ließ der Autor mal eben unter den (Bier-)Tisch fallen.

Heute arbeiten Frauen und Männer in diesem Beruf. Und jedem, der immer noch meint, dass die Frauen der Rolle als Köbes nicht gewachsen seien, möge mal einen Abend im „Vogel“ auf dem Eigelstein verbringen. Die dortigen weiblichen Köbesse zeigen jedem Gast seine Grenzen in Punkto Schlagfertigkeit und Trinkfestigkeit auf.

Bargeldloses Prinzip: Der Köbes macht für jedes Kölsch einen Strich, Bild: Uli Kievernagel
Bargeldloses Prinzip: Der Köbes macht für jedes Kölsch einen Strich, Bild: Uli Kievernagel

 

Zum Umgang mit dem Köbes

Ein dringender Hinweis: Bitte niemals versuchen, schlagfertiger als der Köbes zu sein. Das wird erstens nicht gelingen und zweitens könnte der Köbes es anschließend vergessen, weiterhin Kölsch zu servieren. Deshalb gibt es ein paar Regeln, die man bei einem Besuch im Brauhaus beachten sollte:

  • Noch bevor der Köbes mit dem ersten Kölsch kommt, legt man einen Bierdeckel vor sich auf dem Tisch.
  • Man ruft den Köbes nicht heran. Er wird schon kommen, sobald alle am Tisch sitzen.
  • Niemand sollte in einem kölschen Brauhaus Mischgetränke (z.B. Radler oder Kölsch-Cola) bestellen.
  • Der Köbes wird so lange ungefragt Kölsch bringen, bis man abwinkt oder einen Bierdeckel aufs Glas legt.
  • Es gilt – während des Trinkens – das bargeldlose Prinzip: Der Köbes macht Striche für jedes Kölsch auf den Bierdeckel.
  • Am Ende kommt dann doch Bargeld ins Spiel. Jeder zahlt seinen Deckel oder man teilt den gemeinsamen Deckel. In jedem Fall aber gibt man dem Köbes reichlich Trinkgeld!

Ja dann: Prost!

PS Besonders spannend: 1933 gab es ein „Köbes-Rennen“. Mehr dazu demnähx im Köln-Ding der Woche.


Collage Köbes

Köbes Underground, KöbesColonius, Marie-Luise Nikuta und Köbes-Likör

Köbes Underground
Weil der Köbes kölsches Kulturgut ist, nennt sich die Hausband der Stunksitzung Köbes Underground. Dabei ist der Name eine doppelte Hommage: Zum einen an den Köbes im Brauhaus, zum anderen erinnert „Underground“ an die Sängerin von Velvet Underground, die 1988 verstorbene Kölnerin Nico Päffgen.

KöbesColonius
Guido Hofmann war tatsächlich mal als Köbes in Köln tätig. Heute führt er als Stadtführer KöbesColonius Menschen aus aller Welt humorvoll und äußerst versiert durch Köln.

Marie-Luise Nikuta
Und die unvergessene „Mottoqueen“ Marie-Luise Nikuta trug als Erkennungszeichen auf der Bühne oft blaues Köbes-Outfit.

Kräuterlikör „Köbes“
Der Familienbetrieb VAN LAACK im Belgischen Viertel vertreibt unter anderem den Kräuterlikör „Köbes“ mit immerhin 32 % Alkohol.


Der Köbes – Kölsch Zappjungeleed

Es gibt unzählige Lieder über den Köbes. Das Lied „Der Köbes – Kölsch Zappjungeleed“ beschreibt sehr genau das Verhalten eines typischen Köbes und seinen Umgang mit den Gästen.

Der Köbes (Kölsch Zappjungeleed)
(aus: Carnevals – Lieder III. Bändchen, Herausgeber: Johannes Böttger – Selbstverlag)

Dä Köbes eß wie jeder weiß,
Als Zappjung wohlbekannt,
Un wann hä och nit Köbes heiß,
Wed hä doch su genannt.

Un eß de Weetschaff stief voll Lück
Dat mäht bei im nix uhs,
Hä denk bei sich „die Lück han Zick“
Un mäht sich gar nix druhs

Alles klopp dann wie verröck,
Rubbeldibbeldum, rubbeldibbeldum,
Met dem Glas an einem Stöck,
Rubbeldibbeldubbeldibbeldum.

Wann dann der Köbes kütt,
Schreit durchenein die Schwitt:

Refrain:
Köbes, Köbes ich ben dran,
Köbes, schnell ’nen halven Hahn!
Köbes, komm du boore Poosch,
Meinste, ich hät keinen Doosch?
Wann de nit bahl bei mich küß,
Do vun mir kein Drinkgeld kriß!
Wells de nit, dann loß et stonn,
Tränendeer, ich gonn!

Der Köbes kütt vum boore Land
Un kritt kum up de Muul,
Doch hät hä stets en offe Hand,
Eß lans ein Sick jet fuul.

Hä kritt e Kamesol gestrick
Vun Wölle bletzebloo,
Dann weed noh Köllen hä gescheck,
Der Köbes dä eß doh.

An de Spölbütt kütt he dann
Rubbeldibbeldumm, rubbeldibbeldum.
Zapp och ald ens dann un wann,
Rubbeldibbeldubbeldibbeldum.

Wann en de Stuvv hä kütt
Dann schreit de ganze Schwitt:

Refrain:

Köbes, Köbes ich ben dran …

Doch wann verledde kaum e Johr
Määt im et Zappe nix,
Der Köbes es dann, dat eß klor,
‚Ne Zappjung nett un fix.

Hä kennt sing Gäß, die hä bedeent,
Un schriev got op der Lei,
Wann einer sich jet ärg dren kneent,
Schriev hä e Glas derbei,

Och, dann weed sich expleziert,
Rubbeldibbeldumm, rubbeldibbeldum
Wat dä Köbes nit schineet
Rubbeldibbeldubbeldibbeldum

Doch bei dem Explezeer
Schreit alles glich noh Beer:

Refrain:
Köbes, Köbes ich ben dran …

Et Trinke och der Köbes kann,
Dat hätt hä flöck geleet,
Beim Esse stellt hä singe Mann,
Dat weiß wahl jede Weet.

Och rechne kann hä flöck un got,
Hä määt nit vill Buhei,
Grief nor ne Gaß noh Stock un Hot,
Steiht Köbes glich derbei.

Beim Bezahle wie verröck,
Rubbeldibbeldumm, rubbeldibbeldum
Söhk hä noh’m Fünfpenningstöck,
Rubbeldibbeldubbeldibbeldum

Wann hä et glich nit fingk,
Sitz alles do un gringk:

Refrain:
Köbes, Köbes ich ben dran …

Doch ihrlich eß hä, brav un treu,
Un Spare määt im Spaß,
Et Drinkgeld dräht hä nevvenbei
Sich höhsch dann op de Kaß.

Un wann hä dann bei Johren eß,
Kauf hä en Weetschaff sich,
Un all die Stammgäß ganz geweß
Gonn bei de Köbbes glich,

Och, dann sitz hä unschineet,
Rubbeldibbeldumm, rubbeldibbeldum
En der Thek als kölsche Weet,
Rubbeldibbeldubbeldibbeldum

Wann hä ens Rentner eß,
Schreit met hä ganz geweß:

Refrain:
Köbes, Köbes ich ben dran …


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Die Schwarze Madonna in der Kupfergasse – eine Heilige mit „Bodenhaftung“

St. Maria in der Kupfergasse, Bild: Raimond Spekking
St. Maria in der Kupfergasse, Bild: Raimond Spekking

Im „Hillige Kölle“ gibt es unendlich viele Erinnerungsstätten an Heilige, wie zum Beispiel den Dreikönigsschrein , die „Goldene Kammer“ in St. Ursula oder die Marienstatue in St. Maria im Kapitol mit Äpfeln zur Erinnerung an den Appel-Jupp.

Doch zu kaum einer Heiligenfigur haben die Kölner eine so enge, fast schon persönliche, Bindung wie zu der Schwarzen Madonna in der Kupfergasse. Wenn meine Oma in der Innenstadt unterwegs war, gehörte ein Besuch dort genauso zum Pflichtprogramm wie das Einkaufen beim „Tietz“, dem heutigen Kaufhof.

Und der Bann der Schwarzen Madonna ist ungebrochen. Das zeigen auch die unendlich vielen Opferkerzen, die dort regelmäßig aufgestellt werden. Dabei wird die Schwarze Madonna bei allen möglichen Anliegen um Hilfe gebeten. So besucht auch traditionell das Kölner Dreigestirn am Karnevalssonntag die Schwarze Madonna, entzündet eine mit Karnevalsmotiven verzierte Kerze und bittet um gutes Wetter und einen erfolgreichen Ablauf des Rosenmontagszugs.

Eine dunkelhäutige Madonna

Die Madonna ist aus Lindenholz gefertigt. Dieses Holz hat eine weißlich/gelbliche bis maximal hellbräunliche Farbe. Der verstorbene Pfarrer an der Kirche St. Maria in der Kupfergasse, Werner Plänker, meinte, die Figur könne „… mit der dunklen Farbe auch das Leid und die Krankheit der Menschen, die zu ihr um Hilfe gefleht haben, angenommen haben.“ Das mag sein, wahrscheinlicher ist aber, dass der Ruß der unendlich vielen Opferkerzen die Figur geschwärzt hat. Immerhin steht die Figur bereits seit 1630 in Köln. Und hat – fast ein Wunder – alle Irrungen und Wirrungen in unserer Stadt bis heute unbeschadet überstanden.

Als dunkelhäutige Marienfigur ist die Schwarze Madonna in der Kupfergasse in guter Gesellschaft. Weltweit werden schwarze Madonnen verehrt, in Deutschland alleine 25 Exemplare. Die bekannteste Herleitung der schwarzen Madonnenfiguren bezieht sich auf das Hohelied Salomos in der Bibel. In dem recht „süffigen“, erotisch aufgeladenen Text lautet es:

„Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes; denn deine Liebe ist lieblicher als Wein. Es riechen deine Salben köstlich; dein Name ist eine ausgeschüttete Salbe, darum lieben dich die Mädchen. Zieh mich dir nach, so wollen wir laufen. Der König führte mich in seine Kammern. Wir wollen uns freuen und fröhlich sein über dich; wir preisen deine Liebe mehr als den Wein. Herzlich lieben sie dich. Ich bin braun, aber gar lieblich, ihr Töchter Jerusalems, …“ 1In anderen Übersetzungen lautet es auch „Ich bin schwarz, aber gar lieblich …“

Die Schwarze Madonna in der Kupfergasse, Bild: Willy Horsch, CC BY 3.0
Die Schwarze Madonna in der Kupfergasse, Bild: Willy Horsch, CC BY 3.0

Anmutige Figur, mit Schmuck überladen

Ein genauer Blick auf die Schwarze Madonna zeigt, dass die Figur sehr anmutig ist. Bernd Imgrund beschreibt die Figur als „Eindrucksvoll, das moderne Gesicht zeugt vom Stolz auf das Kind in ihren Armen, aber auch von tiefer Ruhe und Glaubensfestigkeit.“2Bernd Imgrund: 111 Kölner Orte, die man gesehen haben muss, emons-Verlag.

Dankbare Gläubige haben die Schwarzen Madonna mit Schmuckstücken beschenkt. Daher ist die Figur heute fast schon überladen, die gut gemeinten Gaben verhindern den ursprünglichen Blick die Figur.

Eine Heilige zum Anfassen

Und für die Kölschen ist und bleibt die Schwarze Madonna ursprünglich, also irgendwie eine Heilige zum Anfassen, die sich allen Anliegen annimmt. Und nur wer die kölschen Befindlichkeiten nicht kennt, ist darüber erstaunt, dass auch die Fans des ruhmreichen 1. FC Köln Opferkerzen aufstellen. Früher sollten diese Opferkerzen für die Meisterschaft sorgen, heute sollen diese wohl eher den drohenden Abstieg verhindern.

Hoffentlich wirkt es.


Bei d’r schwazze Madonna en d’r Kofferjass

Niemand geringeres als der großartige Ludwig Sebus hat der Schwarzen Madonna auch ein musikalisches Denkmal gesetzt. In seinem Lied „Bei d’r schwazze Madonna en d’r Kofferjass“ lautet es

Bei d´r Schwazze Madonna
en d´r Kofferjass,
brenne Kääze Dag en in un Dag us.
Bei d´r Schwazze Madonna
mäht manch einer Rass,
un keiner jeit heim ohne Trus.

Hochdeutsche Übersetzung:

Bei der Schwarzen Madonna
in der Kupfergasse
brennen Kerzen tagein und tagaus.
Bei der Schwarzen Madonna
macht manch einer Rast,
und keiner geht heim ohne Trost.


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Kölsche Wörter: Klaaf – Smalltalk op Kölsch

Der kölsche Smalltalk nennt sich Klaaf, Bild: Gerd Altmann auf Pixabay
Der kölsche Smalltalk nennt sich „Klaaf“, Bild: Gerd Altmann auf Pixabay

Wieder mal ein kölsches Wort, welches gleich mehre Bedeutungen hat. Während das „Klaafmul“ oder die „Klaafschnüss“ echte Schimpfwörter sind und sich am besten mit „Schwätzer“ übersetzen lassen, ist der „Klaaf“ als kleine, oft eher belanglose Unterhaltung positiv besetzt.

So wird aus der Begrüßung „Un, wie is et?“ schnell ein Klaaf, also eine nette Plauderei, mit Klatsch und Tratsch über die Nachbarschaft und das Leben im allgemeinem. In dieser Disziplin des Smalltalks sind die Kölschen tatsächlich Weltmeister: Viel reden ohne viel zu auszusagen. Man könnte den Klaaf auch als „beiläufige Konversation ohne Tiefgang“ bezeichnen.

Klaafe: Ein Schwätzchen halten

Wie immer lohnt sich ein Blick in den „Wrede“. Dort wird das Verb „klaafe“ wie folgt definiert:

„Grundbedeutung: den Mund offen halten;
1.
allgemein: plaudern, sprechen, mit einem ein Schwätzchen halten“
2. verräterisch ausschwätzen, verraten, verleumderisch antragen.“

Adam Wrede verwendet den Begriff „klaafe“ also auch im Sinne von denunzieren oder umgangssprachlich „petzen“.

Diese Bedeutung hat „klaafe“ heute allerdings eher verloren, wie meine beliebte Thekenumfrage zeigt. Klar wird beim Klaaf auch mal über jemand hergezogen („Häste alt jehürt – däm Schmitz sing Frau is durchjebrannt.“), aber nie im Sinne von verpetzen, eher im Sinne von tratschen. Folglich definiert Wrede das Substantiv „Klaaf“ als „allgemeines Geschwätz“. Und das zeigt, dass der Klaaf eher harmlos ist.

Eng verwandt mit „kalle“ und „schwade“

Wenn der Kölsche von „kalle“ spricht, ist das zwar ähnlich wie „klaafe“, aber eher allgemeiner. „Kalle“ kann als gemütlich miteinander reden, plaudern. Und dann sind wir auch direkt beim „schwade“, was allerdings eher als „unaufhörlich reden“ negativ besetzt ist.  

Der Sessionsorden 2003 der Kölsche Funkentöter: Klaaf und Tratsch auf Kölsche Art"
Der Sessionsorden 2003 der Kölsche Funkentöter: Klaaf und Tratsch auf Kölsche Art“

Klaaf und Tratsch – auf kölsche Art

Im Jahr 2003 hat es der Klaaf zu echten Ruhm gebracht: Das Motto der damaligen Karnevalsession lautete „Klaaf und Tratsch – auf kölsche Art“. Und selbstverständlich hatte die Motto-Queen Marie-Luise Nikuta auch sofort das passende Mottolied parat:

Klaaf un Tratsch op kölsche Aat
dat es hee zo Hus
mer schwaade Kölsch,
mer drinke Kölsch,
at häld uns en Schuss.

Interessanter als der Refrain sind allerdings die Strophen des Lieds. Dort lautet es unter anderem:

Däm Schmitz sing Frau es durchgebrannt
met singem beste Fründ.. 

Gewonne hät em Lotto
dat kniestige Bolze Käth

Dä Tünn vun gägenüvver
hät geerv e riesen Huus …

Et Nies us Neppes hät
de drette Schlankheitskur gemaht
doch we‘ mer et esu aansüht,
et hät fass nix gebraht.

Bei der Motto-Queen wird der Klaaf also zum echten Tratsch – passend zum Motto „Klaaf und Tratsch – auf kölsche Art“

Der Mottoschal der Session 2003
Der Mottoschal der Session 2003

Es gibt tatsächlich eine „Smalltalk-Seminar“

Die Kunst des „Klaaf“ als belangloser Smalltalk ist dem Kölner irgendwie in die Wiege gelegt. Daher braucht der Kölsche an sich auch nicht solche Tipps wie „Smalltalk lernen: 9 Tipps & 5 Fallstricke“ oder ein „Smalltalk Online Training für deine leichte Konversation“ – der Kölsche hat diese Art der Plauderei schlichtweg intuitiv drauf.

Und manchmal auch etwas zu viel davon.
Aber dann wird aus dem klaafe schnell schwaade.


Podklaaf - Akteure 1. Kölner Podcast-Tag am 24.11.2023

PODKLAAF – ne Podcast op kölsch

Echten, unverfälschten kölschen Klaaf gibt es beim Podcast „PODKLAAF“. Karolin Küpper-Popp und Hermann Hertling erklären, wie Kölsch gebraut wird, wer den Dom gebaut hat und beantworten auch die Frage, wo die Heinzelmännchen hin sind. Hee weed bloß kölsch jeschwaadt!


KLAAF – Das kölsche Magazin

Unter dem Titel KLAAF gibt die Akademie för uns kölsche Sproch ein Magazin heraus. KLAAF erscheint zwei Mal im Jahr, und liegt dem von der Stadt Köln herausgegebenem Magazin „KölnerLeben“ bei, das kostenfrei in allen städtischen Einrichtungen ausliegt.


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„Köln muss mal“: Kampagne für mehr und bessere öffentliche Toiletten

Das Logo der Kampagne "Köln muss mal", Bild: Pauline Muszi
Das Logo der Kampagne „Köln muss mal“, Bild: Pauline Muszi

 „Wo finde ich denn eine Toilette?“ – erfahrene Stadtführer wissen mit dieser Frage umzugehen. Dann wird flott ein Brauhaus angesteuert, weil die öffentlichen Toiletten eher selten und nicht immer einladend sind. Alle trinken im Brauhaus ein/zwei Kölsch, alle gehen aufs Klo, und dann laufen wir weiter.

Der Trick mit dem Kölsch im Brauhaus funktioniert auch bei den Stadtführungen in der Innenstadt recht gut. Sobald man sich aber außerhalb der touristischen Hotspots bewegt, wird das schwieriger. Schnell erkennt man: Köln hat ein Toilettenproblem!

Wenn man sich die nackten Zahlen ansieht, ist es erschreckend: Tatsächlich gibt es eine öffentliche Toilette pro 15.000 Kölner:innen. Falls man jetzt noch die Touristen mit einberechnet, wird es ganz finster, dann sind es etwa 50.000 Menschen pro öffentlichem Klo. Dieser Wahnsinn zeigt sich ganz besonders an Karneval, wenn flott jede Menge Dixi-Klos aufgestellt werden, um das Pinkel-Problem irgendwie in den Griff zu bekommen. Meistens vergeblich.

Große Themen unserer Gesellschaft auf humorvolle und zugängliche Weise vermitteln

Doch statt nur zu klagen hat sich die Designerin Pauline Muszi mir ihrer Diplomarbeit „Köln muss mal. – Eine multimediale Kampagne zur Umsetzung zur Umsetzung eines öffentlichen Toilettenkonzepts für Köln“ ganz konkret mit dem Kölner Klo-Problem beschäftigt.

Die Designerin Pauline Muszi, Bild: Pauline Muszi
Die Designerin Pauline Muszi, Bild: Pauline Muszi

Nicht das erste „heiße Eisen“, welches Pauline angefasst hat. In der Vergangenheit hat sie bereits eine Kampagne zur Erhöhung der Wahlbeteiligung konzipiert („Deine Wahl“) oder ein Magazin zur Auseinandersetzung mit der Geschlechterdynamik in der deutschen Sprache entworfen („Gen_der_die_das„)

Pauline hat 2023 ihren Abschluss im Studiengang „Nachhaltiges Design“ an der ecosign/Akademie für Gestaltung in Köln gemacht. Und was alle Projekte der Designerin gemeinsam haben, beschreibt sie selber wie folgt: „Mit meinen Projekten möchte ich Komplexes nahbar machen und zeigen, dass auch die ganz großen Themen unserer Gesellschaft auf humorvolle und zugängliche Weise vermittelt werden können.“ Und genau das zeigt ihre Kampagne „Köln muss mal“ auf eindrucksvolle Weise.

Köln am Ende des Rankings „Öffentliche Toiletten“

Die Designerin hat aufwändig die Toilettensituation in Köln ermittelt. Und das Ergebnis ist niederschmetternd: Vergleicht man die selbsternannte Metropole am Rhein mit anderen Großstädten, dann liegt Köln da, wo auch aktuell1Stand: Februar 2024 der 1. FC Köln liegt: Am Ende der Tabelle. Paris verfügt über dreimal so viele öffentliche Toiletten, Zürich über mehr als viermal so viele Toiletten pro 100.000 Einwohner.

Beschämend: Köln bietet nur sechs öffentliche Toiletten pro 100.000 Einwohner, Graphik: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Beschämend: Köln bietet nur sechs öffentliche Toiletten pro 100.000 Einwohner, Graphik: Pauline Muszi „Köln muss mal“

In ihrer Diplomarbeit „Köln muss mal“ hat Pauline Muszi aber auch die weitergehenden Funktionen der Toiletten als möglichst geschützten Raum untersucht. Dazu sollten Toiletten, neben der Verrichtung der menschlichen Notdurft, auch einen Raum bieten, um sich herzurichten, sich umzuziehen, sich zu waschen oder medizinischer Versorgung nachzugehen. Und selbstverständlich auch, um Kinder zu wickeln. Und hier wird es für Menschen, die mit Kindern unterwegs sind, ganz bitter, denn es gibt in Köln gerade mal sieben öffentliche Toiletten mit Wickeltisch. Beschämend für die Möchtegern-Weltstadt am Rhein.

Menschen ohne Penis müssen zahlen

Es gibt verschieden Arten von öffentlichen Toiletten, eine davon sind die sogenannten „City-Toiletten“. Diese Toiletten sind fest installierte Container, die 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche geöffnet sind.

Beschämend: Die Nutzung der Sitztoiletten kostet 50 Cent, während die Urinale kostenlos nutzbar sind. Paulines nüchternes Fazit: „Menschen ohne Penis müssen zahlen.“

Menschen ohne Penis müssen für den Gang aufs Klo bezahlen, Graphik: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Menschen ohne Penis müssen für den Gang aufs Klo bezahlen, Graphik: Pauline Muszi „Köln muss mal“

„Ich bin kein echtes Klo. Und genau das ist das Problem.“  

In ihrer Diplomarbeit weist Pauline Muszi nach, dass zwar viel über Toilettenkonzepte gesprochen wird, aber in der Praxis nur sehr wenig passiert: „Die Wichtigkeit einer adäquaten öffentlichen Toi­lettenversorgung wird betont, Probleme und Lösungen diskutiert, innovative Zu­gänge vorgestellt und doch schaffen diese Ansätze nur äußerst selten den Sprung aus der Theorie in die Praxis städtischer Toilettenkonzepte.“

Provokant: Ein WC ohne Sichtschutz im öffentlichen Raum, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Provokant: Ein WC ohne Sichtschutz im öffentlichen Raum, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Für Pauline Grund genug, mit der Kampagne „Köln muss mal“ genau das Klo-Problem anzupacken. Ihr Ziel: Toiletten aus der Sphäre des Privaten herausholen und mitten in der Öffentlich­keit platzieren. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Pauline hat, auf einem Quadrat aus blauen Fliesen stehend, ein WC  genau an die Or­te gebracht, wo es an sanitären Anlagen fehlt. Ohne Sichtschutz, mitten auf einem Gehweg oder einer Wiese.

Nähert man sich diesem WC und klappt den Deckel auf, liest man „Ich bin kein echtes Klo. Und genau das ist das Problem.“  

Das Dilemma zur Kölner Klo-Situation, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Das Dilemma zur Kölner Klo-Situation, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Petition „Köln muss mal“ – Wette mit Pauline

Die Kampagne geht noch weiter und soll tatsächlich zu einer Veränderung der Toiletten-Situation in Köln führen. Dazu hat Pauline eine Petition ins Leben gerufen: Ziel der Petition ist es, der Kölner Stadtverwaltung zu signalisieren, dass es an der Zeit ist, etwas an den öffentlichen Toiletten der Stadt zu verändern.

Die Petition zur Kölner-Toilettenrevolution, Bild: Pauline Muszi "Köln muss mal"
Die Petition zur Kölner-Toilettenrevolution, Bild: Pauline Muszi „Köln muss mal“

Bis heute2Stand 28. Februar 2024 haben 222 Menschen diese Petition bei change.org unterschrieben. Das ist viel zu wenig. Daher habe ich mit Pauline um elf Kölsch gewettet, dass wir über das „Köln-Ding der Woche“ die Anzahl der Unterschriften verdoppeln werden.

Also: Jetzt brauche ich eure Unterstützung! Nehmt euch zwei Minuten Zeit und unterzeichnet diese Petition, damit wir möglichst schnell auf 444 Unterstützer (oder gerne auch mehr!) kommen. Hier geht es direkt zur Petition

Denn die Toilettensituation geht uns alle an!


Toiletten und Sprache

Für wohl kaum einen anderen Ort gibt es so viele Bezeichnungen wie für die Toilette. In ihrer lesenswerten Diplomarbeit hat Pauline auch Namen für Toiletten gesammelt. Ich gebe zu, dass ich auch nicht alle kannte.

Abort
Abtritt
Banjo
Bedürfnisanstalt
Brunsheisl
Büchse
Donnerbalken
Gelegenheit
Gewisses Örtchen
Häuschen
Häusl
Heisl
Hütte
Kackschlot
Kackstuhl
Keramik
Keramikabteilung
Klo
Klöchen
Klosett
Latrine
Lokalität
Lokus
Null-Null
Orkus
Örtchen
Örtlichkeit
Pfanne
Pinkelbude
Pinkelstelle
Pipibox
Pissbude
Pissoir
Plumpser
Porzellanschüssel
Posenke
Pott
Retirade
Sanitäre Anlagen
Schacht
Scheißhaus
Schietgemaack
Schüssel
Seilgarten
Soach-Hüttn
Spiegelbude
Stilles Örtchen
Stuhl
Thron
Toilette
Topf
Töpfchen
Trichter
Wasserklosett
WC
Weißes Haus
Wo der Kaiser zu Fuß hingeht
Wohin
Wurstfabrik


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Die Jahnwiese – Ort des ganz großen Sports!

Mehr als 20.000 Turner bei kollektiven Freiübungen auf der Jahnweise beim 14. Deutschen Turnfest 1928. Bild: Bundesarchiv, Bild 102-06313 / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Mehr als 20.000 Turner bei kollektiven Freiübungen auf der Jahnwiese beim 14. Deutschen Turnfest 1928. Bild: Bundesarchiv, Bild 102-06313 / CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Ihre Namen lauten „1. FC Rhein-Grätschen“, „13 Malzbier Kreuzweise“ oder „Fortuna Konzeptlos“: Gemeint sind die Teams der „Bunten Liga Köln“, die auf der Jahnwiese um Punkte, Ehre oder manchmal auch nur darum spielen, den Ball nicht zu verstolpern.

Es ist der Ort des ganz großen Sports in Köln: Im Stadion spielen die Profis des ruhmreichen Eff Zeh um Punkte in der Bundesliga1Stand: Februar 2024, auf der Jahnwiese davor sind selbst talentierte Hobbykicker schon mal damit beschäftigt, die 90 Minuten auf dem Platz schlichtweg zu überleben.

Historischer Grund dank Versailler Vertrag und Adenauer

Dabei spielen die Fußballer auf historischem Grund: Die Jahnwiesen standen 1928 im Mittelpunkt beim 14. Deutschen Turnfest in Köln. Bis zu 300.000 Menschen aus 21 Ländern kamen nach Köln. Es fanden unzählige Wettkämpfe statt, der Höhepunkt der Turnwettbewerbe waren kollektive Freiübungen von 20.000 Turnerinnen und Turnern auf der Jahnwiese.

Zu verdanken haben die Kölner die Jahnwiese und den ganzen Grüngürtel dem Versailler Vertrag und dem weitsichtigen damaligen Oberbürgermeister Adenauer. Während der Versailler Vertrag die Deutschen zur Schleifung der massiven Befestigungsanlagen rund um Köln verpflichtete, sah Adenauer darin eine einzigartige Chance.

Das rheinische Schlitzohr wollte unbedingt den Kölnern Zugang zu unberührter Natur innerhalb der Stadt ermöglichen. Sein Plan: Ein breiter, grüner Gürtel rund um Köln. In diesem Grüngürtel waren auch Sportanlagen, Spielplätze und Schwimmbäder geplant. Und so auch die Jahnwiese.

Genau wie der Raderthaler Volkspark waren die Jahnwiesen ein „soziales Grün“ und boten allen Kölnern Platz, Sport auszuüben. Ein für damalige Verhältnisse völlig neuer Ansatz: Parks und Grünanlagen sollten nicht mehr nur für die gehobene Gesellschaft zum Flanieren genutzt werden, sondern als Orte zur aktiven Bewegung für alle – auch für die in völlig beengten Wohnungen lebende Arbeiterschaft.

Das Jahndenkmal aus dem Jahr 1928 an den Jahnwiesen, Bild: HOWI - Horsch, Willy, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons
Das Jahndenkmal aus dem Jahr 1928 an den Jahnwiesen, Bild: HOWI – Horsch, Willy, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Turnvater Jahn: „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei“

Gewidmet wurde dieses Gelände Johann Friedrich Ludwig Christoph Jahn (1778 – 1852). Der als „Turnvater Jahn“ bekannte Pädagoge und Politiker gilt als Initiator der deutschen Turnbewegung. Dabei ist Jahn nicht unumstritten, galten sein Bestrebungen doch dazu, die deutsche Jugend auf einen Kampf gegen die französischen Besatzer vorzubereiten.

Ihm zu Ehren wurde zu seinem 150. Geburtstag das Jahndenkmal an den Jahnwiesen im Juli 1928 feierlich enthüllt: Vier kreuzförmig angeordnete „F“ stehen auf einem schlanken, 15 Meter hohen Eisenbetonpfeiler. Die vier „F“ stehen für das Motto der Deutschen Turnerschaft „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei“.

Obwohl das Denkmal auf einer kleinen Anhöhe steht, die ursprünglich als Zuschauertribüne gedacht war, ist es heute kaum noch sichtbar, da es von den Bäumen eines kleinen Wäldchens überwuchert wird.

Alter römischer Gutshof unter der Jahnwiese

Es war bereits länger bekannt, dass sich unter der Jahnwiese Überreste eines alten römischen Gutshofs befanden. Völlig unverständlich: Anstatt in aller gebotenen Ruhe diesen Schatz zu sichern, mussten 1926 vollkommen kurzfristig im Zuge der Ausschachtarbeiten zur Errichtung der Jahnwiese die archäologischen Grabungen durchgeführt werden.

Erläuterungstafel zu den Ausgrabungen, Bild: Nicola, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Erläuterungstafel zu den Ausgrabungen, Bild: Nicola, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Der Leiter der Ausgrabung, Fritz Fremersdorf, schrieb später, er habe „in aller Eile die Vorbereitung für eine eingehende wissenschaftliche Untersuchung treffen müssen, um den Planierungsarbeiten zuvorzukommen“.

Glück im Unglück: Durch den Konkurs der Baufirma, die die Jahnwiese planieren sollte, blieb etwas mehr Zeit für die Archäologen. So konnten das Haupthaus, elf Nebengebäude, mehrere Brunnen und eine Grabgruppe mit sechs Sarkophagen gefunden werden. Die Dokumentation zur Grabung liegt im Römisch-Germanischen Museum vor, die Ausgrabungen wurden anschließend, wie bei solchen Funden üblich, zugeschüttet.

Ein Luftbild der Jahnwiesen, Heimat der "Bunten Liga Köln", Bild: dronepicr, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Ein Luftbild der Jahnwiesen, Heimat der „Bunten Liga Köln“, Bild: dronepicr, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

DFB wollte Jahnwiese nutzen

Die zehn Rasenplätze – sieben Groß- und drei Kleinspielfelder – der Jahnwiese werden heute nicht nur von den Hobbykickern genutzt. Auch Baseballer werfen ihr Bälle auf der Fläche vor dem Stadion. Neu ist eine Fläche mit Open-Air-Geräten. Man könnte sich fast wie am Muscle Beach in Los Angeles fühlen.

Dabei war die Jahnwiese im Jahr 2012 als Bewegungs-Oase in der Großstadt akut gefährdet. Die Stadt plante, gemeinsam mit dem Deutschen Fußball Bund, auf den Jahnwiesen ein Leistungszentrum zu errichten. Doch die Kölner gingen für ihre Jahnwiese auf die Barrikaden und verhinderten die Bebauung.

Gut so! Denn sonst hätten „FC Holzbein Köln“ oder „Ajax Lattenstramm“ aus der Bunten Liga keine Heimat mehr gehabt.


Der "Come-Together-Cup" findet jedes Jahr auf der Jahnwiese statt.
Der „Come-Together-Cup“ findet jedes Jahr auf der Jahnwiese statt.

Der „Come-Together-Cup“ für Weltoffenheit, Gleichberechtigung und Vielfalt

Im „Come-Together-Cup“ (CTC) auf der Jahnwiese kicken weit über 1.000 Hobbyfußballer „us Spass an d’r Freud“ in über 80 Teams gegeneinander. Dazu gibt es ein Programm mit Live-Musik und mehr. Der CTC steht für Weltoffenheit, Gleichberechtigung und Vielfalt.

2023 haben mehr als 20.000 Besucher die Teams  auf dem Rasen angefeuert.


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Trude Herr: Niemals geht man so ganz

"Dat Pummel" - Trude Herr als kölsche Ulknudel, Bild: Trude-Herr-Fanclub
„Dat Pummel“ – Trude Herr als kölsche Ulknudel, Bild: Trude-Herr-Fanclub

Podcast Trude Herr, 22

„Niemals geht man so ganz
irgendwas von mir bleibt hier.“
(Trude Herr)

Dieses Lied gehört auf einer kölschen Beerdigung schon fast zum Inventar. Und auch als Zitat schmückt es viele Todesanzeigen in Köln & drumherum. Trude spielte im Jahr 1987, bereits schwer krank, diese kölsche Hymne zusammen mit Wolfgang Niedecken und Tommy Engel ein. Die Single klettert in den deutschen Charts auf Platz 20. Trude Herr selber starb – nach einem bewegten Leben – am 16. März 1991.

Kindheit in Mülheim

Ihre Kindheit verbringt Trude überwiegend in Köln-Mülheim. Ihr Vater war Mitglied der KPD und wurde 1933 wegen seiner politischen Gesinnung von den Nationalsozialisten verhaftet und für viele Jahre in ein Konzentrationslager verschleppt. Die Familie litt schwer unter dem Verlust, Trude wurde von ihrer Mutter und der sieben Jahre älteren Schwester Agy großgezogen. Der von Trude geliebte Vater starb 1961. An seinem Grab singt sie auf seiner Beerdigung das für ihn geschriebene Lied „Papa“ 1Hier in einer sehr schönen Version von Anne Haigis.

Die Familie wird 1943 ausgebombt und in das hessische Ewersbach evakuiert. In Dillenburg arbeitet sie als Schreibkraft im Krankenhaus, später im Einwohnermeldeamt. Nach dem Krieg kehren die Herrs wieder in das zerstörte Köln zurück und Trude arbeitet bei der der von der KPD herausgegebenen Zeitung „Die Volksstimme“.

Lange hält es die temperamentvolle Trude nicht am Schreibtisch aus: Bereits 1946 schließt sie sich einer Aachener Wanderbühne an und 1947 heuert sie beim großen Willy Millowitsch an. Doch der „Pummel“, wie Trude wegen ihrer schon damals stattlichen Figur, genannt wurde, wollte mehr und gründete im Jahr 1949 zusammen mit Gustav Schellhardt die „Kölner Lustspielbühne“. Leider ohne wirtschaftlichem Erfolg – das Theater musste schon kurz danach Konkurs anmelden und Trude verdiente sich ihren Lebensunterhalt im „Barberina“, einer Schwulen-Bar an der Hohe Pforte.

Als „Madame Wirtschaftswunder“ im Karneval

Erfolgreicher waren ihre Auftritte im Karneval. Als „Madame Wirtschaftswunder“ oder „Besatzungskind“ eroberte sie zwar ab Mitte der 1950er Jahre die Bühnen der Karnevalssäle, aber ihre oft vulgäre Art und die Gesellschaftskritik in ihren Büttenreden waren den konservativen Funktionären im Karneval ein Dorn im Auge. Als sie sich dann noch mit ihrer Nummer „Die Karnevalspräsidentengattin“ unmittelbar über die spaßbefreiten Frackträger lustig machte, war schnell Schluss mit lustig. Weitere Auftritte als „Präsidentengattin“ wurden ihr untersagt.

Trude Herr in den 1960er Jahren, Bild: Trude-Herr-Fanclub
Trude Herr in den 1960er Jahren, Bild: Trude-Herr-Fanclub

Somit war der Weg frei für die große Stadt: 1958 Trude wurde für das Revuetheater „Tingel-Tangel“ in Berlin engagiert. Dieses Engagement und ihre Präsenz in Berlin ebnete ihr auch den Weg ins Kino. In mehr als 30 Filmen mimte sie die rheinische Ulknudel, darunter auch Kassenschlager wie „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ oder „Drillinge an Bord“ mit Heinz Erhardt. In dieser Zeit entstand auch mit „Ich will keine Schokolade“ ihr größter Hit.

Trude Herrs größter Hit "Ich will keine Schokolade"
Trude Herrs größter Hit „Ich will keine Schokolade“

Bei einer ihrer Reisen nach Afrika verliebte sich Trude in den Tuareg Ahmed M’Barek. Doch die 1969 geschlossene Ehe war nicht besonders glücklich und wurde 1976 geschieden. Glücklicher waren von 1970 bis 1976 ihre Inszenierungen mit eigenem Ensemble im Millowitsch-Theater. „Scheidung auf kölsch“, „Familie Pütz“ oder „Pflaumenschwemme“ waren erfolgreiche Stücke und führten gleichzeitig zu Streit mit Willy Millowitsch. Der eher deftige Humor Trude Herrs vertrug sich nicht mit Millowitschs Verständnis von Volkstheater.

Theater im Vringsveedel: „Ruhm hatten wir immer genug, nur kein Geld.“

Diese Konflikte führten dazu, dass Trude ihr eigenes Theater gründete. 1977 pachtete sie ein ehemaliges Kino auf der Severinstraße und gründete das „Theater im Vringsveedel“. Schnell wurde ihr Theater – gemessen an der Auslastung – zum erfolgreichsten in ganz Nordrhein-Westfalen. Gemessen am finanziellen Erfolg war es ein Flop. Trude Herrs lakonischer Kommentar dazu „Ruhm hatten wir immer genug, nur kein Geld.“ Nachdem sie vergeblich versuchte, städtische Zuschüsse zu erlangen, musste sie das Theater 1986 schließen.

Für Trude Herr selber, mittlerweile 59 Jahre alt, war es auch die Chance, etwas Neues zu machen. Sie ging ins Tonstudio und coverte auf der Platte „Ich sage, was ich meine“ internationale Hits. Aus „I Want To Know What Love Is“ wurde „Ich weiss jenau wat de meinz“ und „Beast of Burden“ wird zur „Hipp vum Nümaat“. Auf dieser Platte ist als letztes Stück auch „Niemals geht man so ganz“. Dieses Lied war ihr Abschiedsgeschenk an ihre Heimatstadt.

Trude Herr ist in Köln auch an eher unerwarteten Orten zu finden wie hier auf einem Stromkasten auf der Zwirnerstraße, ganz in der Nähe des Trude-Herr-Denkmals. Bild: Annette Esser
Trude Herr ist in Köln auch an eher unerwarteten Orten zu finden. Zum Beispiel auf einem Stromkasten auf der Zwirnerstraße, ganz in der Nähe des Trude-Herr-Denkmals. Bild: Annette Esser

Trude Herr stirbt in Südfrankreich an Herzversagen

Die schwer kranke Künstlerin zog noch im Jahr 1987 auf die Fidschi-Inseln und lernte dort ihren letzten Partner Samuel Bawesi kennen. 1991 kehrte sie für wenige Wochen noch einmal nach Köln zurück, um dann im Februar 1991 in die Nähe von Aix-en-Provence zu ziehen. Trude Herr starb dort am 16. März 1991 an Herzversagen.

Trude Herr ist tot – aber ihr Lied „Niemals geht man so ganz“ ist unvergänglich. Nicht nur auf kölschen Beerdigungen.


Trude-Herr-Schule im Mülheim

Im August 2020 hat die „11. Kölner Gesamtschule Mülheim“ verkündet, in Zukunft den Namen „Trude-Herr-Schule“ zu tragen. Weitere mögliche  Namenpatronen für die Schule waren die Edelweißpiratin Gertrud „Mucki“ Koch oder die von den Nationalsozialisten ermordete Ärztin Lilli Jahn. 

Es war kein einfache Entscheidung, so Schulleiterin Monika Raabe in einem Bericht der Kölner Stadt-Anzeigers. Man habe sich für Trude Herr entschieden, weil die in Mülheim aufgewachsene Künstlerin für Bodenständigkeit stehe, genau wie die Schule. 


 

Das Trude-Herr-Denkmal in der Kölner Südstadt, Bild: Raimond Spekking
Das Trude-Herr-Denkmal in der Kölner Südstadt, Bild: Raimond Spekking

Ähnlich turbulent wie ihr Leben ist auch die Geschichte um das Trude-Herr-Denkmal direkt am Bürgerhaus Stollwerck. Ohne schützende Glasur wurde dieses Denkmal im Jahr 2002 aufgestellt und verrottete. Gerettet wurde es erst 2012 durch eine Spende des Trude-Herr-Fanclubs.

Gedenktafel für Trude Herr vor ihrem ehemaligen Theater (heute das Oden-Kino) auf der Severinstraße
Gedenktafel für Trude Herr vor ihrem ehemaligen Theater (heute das Oden-Kino) auf der Severinstraße

Vor ihrem ehemaligen Theater in der Severinstraße ist seit 2012 eine Bronzetafel angebracht, welche an das „Theater im Vringsveedel“ und seine Gründerin erinnert.


Ein muskalisches Denkmal für Trude Herr setzte die Band L.S.E. mit dem Stück „Trudi“ auf dem Album „Für et Hätz un jä¬jen d’r Kopp“.

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 Dort lautet es:

Wä kennt en Kölle die Superfrau
Met däm unwahrscheinliche Körperbau?
Wä hät jedanz, jesunge un Theater jemat
Un keinem noh d’r Schnüss jeschwaad?

Diese Beschreibung hätte Trude Herr gefallen.


Ein großes DANKE an den Trude-Herr-Fanclub. Ich durfte für dieses Köln-Ding der Woche deren Bilder verwenden.


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